Mehr Anleihen im Westen, mehr Aktien im Osten

Mehr Anleihen im Westen, mehr Aktien im Osten

Counterpoint - April 2023
Im ersten Quartal 2023 war eine Neubewertung der globalen Wirtschaftstrends durch Anleger und Notenbanker zu beobachten. Allmählich bilden sich asynchrone Zyklen heraus, da China seine Wiedereröffnung fortsetzt, während der Westen mit Inflation und Marktvolatilität zu kämpfen hat.

Willkommen
Ein paar Worte zur Marktvolatilität

Der jüngste Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) ist eine deutliche Erinnerung an die potentiellen, unerwünschten Konsequenzen steigender Zinsen. Die Probleme bei der Credit Suisse und Turbulenzen bei anderen Banken haben Volatilität und Verunsicherung an den Finanzmärkten mit sich gebracht.

Doch die SVB ist keine klassische Bank. Während die meisten Banken Kundeneinlagen in Form von Krediten wieder ausgeben und auf diese Weise von steigenden Zinssätzen im Sinne steigender Margen profitieren, investierte die SVB die Einlagen ihrer Kunden vornehmlich in langlaufende US-Staatsanleihen. Mit den steigenden Zinssätzen sank der Marktwert dieser Anleihen entsprechend. Dies veranlasste die SVB jüngst zur Ankündigung einer Kapitalerhöhung in Höhe von 1,75 Mrd. US-Dollar. Diese Nachricht erschreckte ihre vor allem aus dem Technologiesektor stammenden Kunden derart, dass es zu einem Ansturm auf die Bank führte. Sind wir also mit einer systemischen Bankenkrise wie im Jahr 2008 konfrontiert? Wohl eher nicht.

Dennoch versetzte diese Erschütterung im Finanzsektor die Märkte in einen „Risk off“-Modus, der durch den Verkauf der Credit Suisse an die UBS noch verstärkt wurde. In einem derartigen Umfeld halten wir folgenden Ansatz für geeignet: ein Mehr an bonitätsstarken Anleihen und weniger Aktien; ein verstärktes Engagement in Regionen, die dem Quell der Turbulenzen im westlichen Bankensektor nicht ausgesetzt sind, wie z. B. Asien; mehr Aktien mit niedriger Volatilität; eine Beimischung von Gold; und ein geringeres Engagement in Schwellenländer- und Hochzinsanleihen sowie in Aktienmärkten mit hoher Gewichtung des Bankensektors wie z. B. der Eurozone.

So gestaltet sich derzeit die Positionierung unserer Flaggschiff-Portfolios. Und es soll auch verdeutlichen, warum investiert bleiben wichtiger ist als die (erfolglose) Suche nach dem optimalen Einstiegszeitpunkt. Wir sind bestrebt, investiert zu bleiben. Trotzdem richten wir Portfolios abhängig von unserer eigenen Einschätzung neu aus. Und wir investieren selektiv, wobei es unverzichtbar ist, seiner mittelfristigen Strategie treu zu bleiben. Auch wenn nach unserer Überzeugung derzeit nicht der geeignete Zeitpunkt ist, das Aktienrisiko in den Portfolios deutlich zu erhöhen, können wir durch Investments mit einem Fokus auf Qualität sicherstellen, dass das in den Portfolios eingegangene Risiko die „richtige“ Art von Risiko ist. Ereignisse wie beispielsweise die Krise um die SVB zeigen, warum der Fokus auf langfristig vorhandene Qualität bei Selektion und Allokation wichtig sind.


Robin Beugels, Leiter Investment Management


Robert Greil, Chefstratege

Top-Chart
China schaltet einen Gang höher
Die letzten Einkaufsmanagerindizes (PMI) für China zeigten ermutigende Signale von Stärke, denn die anfängliche, erneute Infektionswelle nach der Aufhebung der strengen Covid-19-Maßnahmen verursachte offenkundig weniger Schaden als befürchtet.


Sowohl die Zahlen für die Produktion als auch die Auftragseingänge legten zuletzt kräftig zu, während die Beschäftigung sowohl im Dienstleistungs- als auch im Fertigungssektor die Marke von 50 in den expansiven Bereich übersprang. Dies deutet darauf hin, dass eine konsumgetriebene Erholung noch „Luft nach oben“ hat. 

Wir erwarten daher für die kommenden Monate eine deutliche Erholung des Wachstums in China, wobei die Stärke der Binnenwirtschaft eine Verlangsamung der Aktivität in anderen Regionen wettmachen wird.

China Purchasing Managers' Index

Quelle: Internes Research, Refinitiv; 
Werte über 50 = Expansion; Werte unter 50 = Kontraktion.

Anlagefokus
Überraschungen bei Wachstum und Inflation
Die Angst vor einer weltweiten Rezession hat etwas nachgelassen, doch das Thema Disinflation wird in Anbetracht einer unerwartet hartnäckigen Kerninflation nun vorsichtiger betrachtet.

Was zurzeit geschieht

Die Angst vor einer weltweiten Rezession hat aufgrund der anhaltend starken Konjunkturdaten in den USA, der niedrigeren Erdgaspreise (in Europa) und der Wiedereröffnung in China etwas nachgelassen. Die Gesamtinflation erreichte Mitte 2022 ihren Höhepunkt, doch in den USA und im Vereinigten Königreich zeichnet sich der Höhepunkt der Kerninflation weniger deutlich ab, da die Inflation im Dienstleistungssektor sehr hoch bleibt. Insbesondere in der Eurozone hat die Kerninflation noch nicht ihren Gipfel überschritten.

Vor der Sitzung des US-Kongresses Anfang März schlug Jerome Powell, der Vorsitzende der US-Notenbank (Fed), abermals einen restriktiven Kurs ein. Dies war nach den jüngsten, gemächlicheren Zinsschritten ein unerwarteter Schritt. Der Ausblick für die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) ist dadurch ebenfalls wieder etwas ungewisser geworden. Die Renditekurven bleiben invertiert (d. h. die kurzfristigen sind höher als die langfristigen Zinssätze). Dies zeigt, dass die Anleger nach wie vor um das globale Wachstum besorgt sind. 

Zu dieser Situation kommen nun noch das Dilemma mit der SVB sowie die aktuellen Turbulenzen im Bankensektor und die finanzielle Instabilität hinzu. In diesem Kontext fragten sich die Marktteilnehmer zuletzt zunehmend, ob die Zentralbanken ihren Kampf gegen die Inflation fortsetzen würden oder weitere Zinsanhebungen zunächst aussetzen würden, um das US- und Euro-Bankensystem nicht noch weiter zu belasten. Doch Fed und EZB blieben ihrem Pfad der Zinsanhebungen treu und erhöhten zuletzt erneut die Zinssätze im Rahmen ihrer bisherigen Prognosen (25 bzw. 50 Basispunkte). Dies waren klare Signale, dass sie die Inflation nach wie vor als die größere Gefahr für die US-amerikanische und die europäischen Volkswirtschaften betrachten. Unabhängig davon ließ die Fed jedoch auch verlauten, dass sie einer Pause im Zinsanhebungszyklus immer näher kommt.

Im Osten wird China seine Wirtschaft weiter unterstützen, ohne breit angelegte Anreize zu setzen. Peking gab ein konservatives Ziel von rund 5 % Wachstum vor, bei dem externen Belastungen Rechnung getragen wurde. 

Was wir beobachten

Auch wenn man üblicherweise erwarten würde, dass robuste Konjunkturdaten Aktien Unterstützung bieten, führten die Februar-Daten zu einem Rückgang bei Industrieländeraktien, da die Anleger sowohl ihre Erwartungen für den Höhepunkt der Inflation als auch die anschließenden Zinsschritte einer Neubeurteilung unterzogen.

Offensichtlich war in den Kursen von Industrieländeraktien zu viel Optimismus eingepreist. Die Fed und die EZB agieren weiter restriktiv und wir erwarten eine stärkere Einpreisung von Abwärtsrisiken, da potenzielle weitere Zinsanhebungen höhere Abzinsungssätze und ein langsameres Wachstum implizieren würden. Allerdings sorgt die jüngste Marktvolatilität für mehr Unsicherheit in Bezug auf die weiteren Schritte der Zentralbanken, da anhaltende Zinserhöhungen mit raschem Tempo in diesem Umfeld nicht wirklich auf der Hand liegen.

Wir rechnen für 2023 mit einem divergierenden Wachstum. Hierbei werden China und Asien insgesamt im Gegensatz zu den Industrieländern die Motoren des Wachstums sein. Trotz eines aktuellen, durch geopolitische Spannungen verursachten Marktrückgangs stellt die anhaltende Wiedereröffnung in China auf kurze bis mittlere Sicht eine wichtige Quelle der Zuversicht für Anleger dar.

Da die Inflation sinkt (USA) oder allmählich ihren Höhepunkt erreicht (Europa), schwenken mehrere Zentralbanken auf geringere Zinsanhebungen um und werden die Erhöhungen in den kommenden Monaten schließlich ganz beenden.
Portfolio
Bewertungschancen
Wir stocken Anleihen hoher Qualität auf und mischen Aktien des Asien-Pazifik-Raums bei.

Auch auf die Gefahr hin, uns zu wiederholen, möchten wir abermals betonen, dass nach unserer Überzeugung Staatsanleihen wieder im Kommen sind. Dies findet seinen Niederschlag auch in der aktuellen Ausrichtung unserer Flaggschiff-Portfolios. Wir haben unser Engagement in Unternehmensanleihen aus Schwellenländern zuletzt verringert und freiwerdende Mittel in bonitätsstarke Staatsanleihen aus Industrieländern investiert. Durch diese Anpassung wurde auch die Zinssensitivität der Portfolios verringert. Das Engagement in Unternehmensanleihen hat sich nun auf ein Niveau verringert, das unter unserer üblichen, langfristigen Durchschnittsallokation liegt. In diesem Monat verringerten wir jedoch auch unser Engagement in Hartwährungsstaatsanleihen aus Schwellenländern. Auch hier investierten wir aufgrund wieder attraktiverer Renditen lieber in kurzlaufende Staatsanleihen aus Industrieländern.

Unsere Aktienallokationen bleiben etwas niedriger als üblich, das heißt wir bleiben also bei einer leichten Untergewichtung. Innerhalb unseres Aktienanteils nahmen wir zuletzt eine Umschichtung vor und reduzierten dabei unsere Gewichtung in US-Aktien sowie insgesamt in Schwellenländeraktien zugunsten von Aktien des Asien-Pazifik-Raums einschließlich Japans. Dies lässt uns stärker an der Wiedereröffnung Chinas sowie an der anhaltend positiven Wachstumsdynamik in der gesamten Region partizipieren.

Aufgrund der fortgesetzten Unsicherheit in Bezug auf die Inflation in Europa sind wir gegenüber Aktien der Eurozone trotz ihrer zuletzt stärkeren relativen Wertentwicklung (bis zum CS-Debakel) nach wie vor zurückhaltend. Wir warten auf „bessere Sicht“ beim Thema Inflationstrends und künftiges Wachstum, bevor wir das Engagement in diesem zyklischen Markt gegebenenfalls erhöhen. Die jüngsten Turbulenzen im Bankensystem sorgen erstmal nur für ein Mehr an Unsicherheit.

Staatsanleihen
Tactical_positionning_for_government_bonds
Unternehmensanleihen
Tactical_positionning_for_credit
AKTIEN
Tactical_positionning_for_equities
Liquidität und Gold
Tactical_positionning_for_cash_gold
Auf dem Schirm
Was im Auge zu behalten ist
Die geopolitische Unsicherheit bleibt hoch, die Entwicklung der Inflation und der Zinssätze ist nach wie vor ungewiss und die Turbulenzen im Bankensektor sowie die allgemeine Marktinstabilität erschweren den Ausblick

Was könnte uns zur Erhöhung oder Verringerung des Risikos veranlassen?


MAKRO

Schnellere Entspannung nach Gipfeln
von Inflation/Fed/Anleiherenditen

 

Erhöhung von Aktien / festverzinslichen Wertpapieren


GEOPOLITIK

Verhandlungen zwischen Russland
und Ukraine/Ende des Kriegs

↓ 

Erhöhung von 
EU-Aktien/Hochzinsanleihen


MAKRO

Wiederöffnung in China
ohne größere Probleme

 

Erhöhung des Risikos in den Schwellenländern und China


POLITIK

Notenbanken straffen zu stark,
obwohl Inflation nachlässt

↓ 

Verringerung des Risikos bei Aktien & Anleihen, Gold hinzufügen


GEOPOLITIK

Russland/Ukraine-Krieg
verschärft sich

Verringerung des Risikos in Europa, 
Gold hinzufügen


GEOPOLITIK

Eskalation
China/Taiwan/USA 

Verringerung des Risikos in den Schwellenländern und Asien


MAKRO

Europäische Gaskrise
spitzt sich erneut zu

↓ 

Verringerung des Risikos bei europäischen Aktien/Hochzinsanleihen


MAKRO

Lohn-Preis-Spirale treibt
Inflation nach oben

Verringerung des Anleiheengagements, weiter diversifizieren


FINANZEN 

Systemische Bankenkrise/
Finanzielle Instabilität

Engagement in sicheren Anleihen erhöhen, Gold beimischen

Wir nehmen uns Zeit zum zuhören
Wir hoffen, dass dieses Monats-Update informativ für Sie war. Bitte kontaktieren Sie uns, falls Sie dazu Fragen, Anmerkungen oder sonstiges Feedback haben.

Unsere anderen Veröffentlichungen:
Rückkehr der Renditen
Rückkehr der Renditen

FEBRUAR 2023
Nach einem der schlimmsten Jahre für die Rentenmärkte erholen sich hochwertige Staatsanleihen wieder und bieten unserer Ansicht nach nun ordentliche Renditen bei relativ niedrigem Risiko.

Mehr erfahren
Ein neuer Zyklus beginnt
Ein neuer Zyklus beginnt

JANUAR 2023
Im Investmentausblick 2023 teilen unsere Experten ihre Ansichten zu Wirtschaft, Märkten und Investments.

Der Winter kommt
Der Winter kommt

NOVEMBER 2022
Die kalten Monate stehen vor der Tür und zum ersten Mal seit drei Jahren beherrscht Covid-19 nicht mehr die Schlagzeilen. Es gibt allerdings noch andere potenzielle Risiken – und Chancen. 

Mehr erfahren

Dieses Dokument ist als Marketingmaterial konzipiert. Dieses Dokument wurde von Quintet Private Bank (Europe) S.A. erstellt, einer Aktiengesellschaft (société anonyme) nach dem Recht des Großherzogtums Luxemburg, eingetragen im Luxemburger Handels- und Gesellschaftsregister unter der Nummer B 6.395 und mit Sitz in 43, Boulevard Royal, L-2449 Luxembourg („Quintet“). Quintet wird von der CSSF (Commission de Surveillance du Secteur Financier) und der EZB (Europäische Zentralbank) beaufsichtigt.

Dieses Dokument dient ausschließlich Informationszwecken, stellt keine individuelle (Anlage- oder Steuer-)Beratung dar und Anlageentscheidung dürfen nicht allein auf Grundlage dieses Dokuments getroffen werden. Wenn in diesem Dokument ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Empfehlung erwähnt wird, sollte dies nur als Hinweis oder Kurzinformation verstanden werden und darf nicht als vollständig oder exakt zutreffend angesehen werden. Alle (Investitions-)Entscheidungen, die auf diesen Informationen beruhen, treffen Sie auf eigene Kosten und auf eigenes Risiko. Es obliegt Ihnen, zu beurteilen, ob das Produkt oder die Dienstleistung für Ihre Situation geeignet ist. Quintet und seine Mitarbeiter können nicht für Verluste oder Schäden haftbar gemacht werden, die sich aus der Verwendung dieses Dokuments (oder eines Teils davon) ergeben. 

Die enthaltenen Informationen können sich ändern und Quintet ist nicht verpflichtet, die Informationen nach dem Veröffentlichungsdatum entsprechend zu aktualisieren oder über Änderungen zu informieren. 

Wenn das Darlehen/der Kredit in einer anderen Währung als Ihrer Basiswährung angegeben ist, können Wechselkursschwankungen den zu zahlenden Betrag beeinflussen.

 Alle Urheberrechte oder Markenrechte dieses Dokument betreffend liegen bei Quintet, sofern nicht ausdrücklich anders angegeben. Es ist nicht gestattet, den Inhalt dieses Dokument (weder ganz noch teilweise) ohne vorherige ausdrückliche und schriftliche Zustimmung von Quintet zu kopieren, in irgendeiner Form weiterzuverbreiten oder in irgendeiner Weise zu verwenden. Bitte entnehmen Sie dem Datenschutzhinweis auf unserer Webseite, wie ihre persönlichen Daten verwendet werden (https://www.quintet.lu/en-lu/data-protection).

Contact us