COUNTERPOINT NOVEMBER 2022

COUNTERPOINT NOVEMBER 2022

Der Winter kommt
Die kalten Monate stehen vor der Tür und zum ersten Mal seit drei Jahren beherrscht Covid-19 nicht mehr die Schlagzeilen. Es gibt allerdings noch andere potenzielle Risiken – und Chancen. Das hat auch Auswirkungen auf Ihre Portfolios.

DER WINTER KOMMT 

Willkommen


Das Vorhersehbare Und Das Unerwartete

Die Finanzmärkte folgen oft bestimmten Verhaltensmustern. Wir halten stets Ausschau nach etwaigen Veränderungen und passen die Portfolios entsprechend an. 

Die jüngste Geschichte erinnert uns daran, dass nicht selten unerwartete Ereignisse eintreten, die die Finanzmärkte in neue Richtungen lenken können. Anfang 2020 sorgte die weltweite Pandemie für einen starken Rückgang der Aktienkurse, die sich jedoch bald wieder erholten. Zuletzt haben der Einmarsch Russlands in die Ukraine und die Unterbrechung der Energieversorgung die Inflation auf ein Rekordniveau getrieben. Die Notenbanken haben die Leitzinsen angehoben und die Renditen von Staatsanleihen sind gestiegen. 

Zudem neigen die Märkte dazu, überzureagieren, wenn ihnen etwas nicht zusagt. Als die neue und vor Kurzem zurückgetretene britische Premierministerin Liz Truss und ihr Finanzminister Kwasi Kwarteng ein sogenanntes „Mini-Budget“ ankündigten, das Steuersenkungen ohne Gegenfinanzierung vorsah, fiel das britische Pfund gegenüber dem US-Dollar auf ein Rekordtief und die Renditen für britische Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit stiegen zum ersten Mal seit vielen Jahren auf über 4 %. Die britische Notenbank musste einschreiten, um die Anleger zu beruhigen, der neue Finanzminister nahm Maßnahmen zurück und Liz Truss wurde durch Rishi Sunak als Premierminister ersetzt.

Zudem neigen die Märkte dazu, überzureagieren, wenn ihnen etwas nicht zusagt. Als die neue und vor Kurzem zurückgetretene britische Premierministerin Liz Truss und ihr Finanzminister Kwasi Kwarteng ein sogenanntes „Mini-Budget“ ankündigten, das Steuersenkungen ohne Gegenfinanzierung vorsah, fiel das britische Pfund gegenüber dem US-Dollar auf ein Rekordtief und die Renditen für britische Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit stiegen zum ersten Mal seit vielen Jahren auf über 4 %. Die britische Notenbank musste einschreiten, um die Anleger zu beruhigen, und der neue Finanzminister hat viele der Maßnahmen bereits wieder zurückgenommen. 



Daniele Antonucci, Chief Economist & Macro Strategist


DER WINTER KOMMT

Top-Chart

Schwellenländer: Herausforderung oder Chance? 

In vielen Emerging Markets geben die Finanzmärkte auf Basis diverser Wertmaßstäbe ein relativ attraktives Bild ab. 

Die Zinserhöhungszyklen in den Schwellenländern wirken reifer als in den Industrieländern, die noch versuchen, den Anschluss zu finden. Indem sie den Abwärtstrend während der jüngsten Marktkorrektur in Grenzen halten konnten, waren die Schwellenländer in der Lage, sich einen Puffer zu verschaffen. Das relative Wirtschaftswachstum ist in vielen Schwellenländern nach wie vor stärker und sowohl die Aktienbewertungen als auch die Währungen sehen attraktiv aus.


Bitte beachten Sie: Die Performance in der Vergangenheit bietet keine Garantie für eine zukünftige Performance. 2022 - 2027 = IWF-Prognosen für das Wirtschaftswachstum.

DER WINTER KOMMT

Anlagefokus 


Spannungen an vielen Fronten 

Die hohe Inflation, die steigenden Leitzinsen und die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums bestimmen weiterhin das Investitionsumfeld. 

Was zurzeit geschieht

Eine Rezession in Großbritannien und der Eurozone scheint nun angesichts der hohen Inflation, der Energieknappheit, den steigenden Zinsen und des anhaltenden Krieges zwischen Russland und der Ukraine nahezu unvermeidbar. Die voraussichtlich sinkenden Gewinne in Europa wurden unserer Meinung nach noch nicht voll eingepreist. Die höheren Leitzinsen und die Konjunkturabschwächung haben in den USA allerdings bereits zu einer Anpassung der amerikanischen Gewinnerwartungen geführt. In China war vor allem der Parteitag der Kommunistischen Partei wichtig. 

Die fiskalische Kehrtwende, die in Großbritannien auf den Rücktritt der britischen Premierministerin Liz Truss folgte, erinnert uns daran, dass politische Entscheidungen nicht immer einfach sind. Wir haben unsere Prognose für das britische Pfund nach oben korrigiert, auch weil wir nun erwarten, dass die britische Notenbank die Leitzinsen in nächster Zeit aggressiver anheben wird. Wenn wir den US-Dollar noch immer für stark halten, geht es dabei aber nicht um Rendite, sondern um die Reduzierung von Abwärtsrisiken. Daher halten wir in dieser Phase an unserem Engagement bei diesem wichtigen Absicherungsinstrument fest. 

Ein entspanntes Vorgehen der US-Notenbank, bei dem die Federal Reserve  langsam das Tempo der Leitzinserhöhungen drosselt und die Leitzinsen irgendwann auch wieder senkt, wird vermutlich ein wichtiger Katalysator sein, der uns dazu veranlassen wird, unser Engagement bei hochwertigen festverzinslichen und risikoreichen Anlagen zu überdenken. Doch noch sind wir nicht an diesem Punkt. Auch wenn wir der Ansicht sind, dass die Renditen von US-Staatsanleihen ihren Höhepunkt bald erreicht haben werden, ist die Inflation in den USA noch immer zu hoch und sinkt nur langsam, während Amerikas Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) sogar steigt. Für die Europäische Zentralbank schließt sich das Zeitfenster für umfangreiche Leitzinserhöhungen schon bald, da die Rezession tiefer wird und die Finanzierungskosten anziehen. 

Was wir beobachten 

Der Konjunkturzyklus verlangsamt sich und Rezessionen weltweit sind angesichts der Energiekrise in Europa, der strafferen Finanzierungsbedingungen auch in den USA sowie der globalen Unsicherheit wahrscheinlicher geworden. Wir haben diesen Risiken bereits Rechnung getragen, indem wir unser Engagement bei Aktien vor Kurzem weiter reduziert haben. 

Der Liquiditätszyklus wird von den Erwartungen umfangreicher Leitzinserhöhungen bei den nächsten Treffen der Notenbanken angetrieben, doch danach wird sich das Tempo der Straffungen vermutlich verlangsamen. Der US-Dollar bleibt stark und einige Notenbanken sind gezwungen, ihre Rentenmärkte und Währungen zu verteidigen, insbesondere in Großbritannien und Japan. China lockert indessen seine Geld- und Fiskalpolitik weiter. 

In Europa setzt die Politik auf fiskalische Unterstützungsmaßnahmen, um die Folgen der Energiekrise abzufedern. Die Risiken von fiskalpolitischen „Fehlern“ (wie jüngst bei der britischen Regierung) und die geopolitischen Spannungen (vor allem der Krieg zwischen Russland und der Ukraine) werden die Märkte wahrscheinlich auch weiterhin belasten. Obwohl auf der Nordhalbkugel der Winter vor der Tür steht, scheint Covid-19 keine große Gefahr mehr für die Wirtschaftsaktivitäten darzustellen. In Europa nimmt die Zahl der Neuerkrankungen allerdings wieder zu und das könnte der Auftakt einer neuen Infektionswelle sein. Auch in China steigen die Fallzahlen nach den Nationalfeiertagen der „Goldenen Woche“ wieder, sodass dort neue regionale Lockdowns verhängt wurden. 

Die Gesamtinflation scheint in den USA ihren Höhepunkt überschritten zu haben. Der Rückgang war bislang jedoch enttäuschend, und die Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) hat ihren Höhepunkt noch immer nicht erreicht.

DER WINTER KOMMT

Portfolio


Tendenziell defensiv 

Die Portfolios bleiben für kommende Unsicherheiten positioniert. 

Die Unsicherheiten in naher Zukunft bleiben groß, wobei die Risiken eher abwärtsgerichtet sind. Die Eskalation der Energiekrise und die jüngste Entscheidung des Ölkartells OPEC+, die Produktion zu drosseln, verstärkt den Druck auf die Weltkonjunktur zusätzlich und treibt die Inflation, insbesondere in Europa.  

In Anbetracht dieser Entwicklungen haben wir Anfang Oktober unser Engagement bei Aktien reduziert und dafür unsere Liquidität aufgestockt. Unser Aktienengagement bleibt relativ niedrig, bei festverzinslichen Wertpapieren sind wir neutral und bei Liquidität übergewichtet aufgestellt. Wir gehen davon aus, dass der US-Dollar in nächster Zeit stark bleibt (aber nicht stärker wird). Wir sehen nach wie vor Chancen innerhalb der Anlageklassen. Einer höheren Gewichtung von US- und Schwellenländeraktien geben wir weiterhin den Vorzug. Bei festverzinslichen Wertpapieren bevorzugen wir Staatsanleihen von Schwellenländern in harter Währung gegenüber europäischen Staatsanleihen.  

Da sich das globale Wachstum verlangsamt, haben wir unser Engagement bei Schwellenländeranlagen neu bewertet. Obwohl sich die wirtschaftlichen Aussichten weltweit verschlechtern, sehen wir bei Schwellenländeranlagen bereits zu viele schlechte Nachrichten als eingepreist an. Daher halten wir an unserem dort selektiven Engagement bei Aktien und Anlagen fest. 

Die Säulen unserer Anlagestrategie

Die jüngste Erhöhung des Anteils an liquiden Mitteln verleiht den Portfolios ein zusätzliches defensives Element und erhöht gleichzeitig die Flexibilität, um die Volatilität der Märkte zu gegebener Zeit zu nutzen.  

Unsere taktische Asset Allokation zusammengefasst:

US-Aktien im Vergleich zu Aktien der Eurozone 

Wir sind der Ansicht, dass US-Aktien sich besser entwickeln werden als Aktien der Eurozone. Da wir in Europa von einer Rezession ausgehen, dürften die anhaltend hohen Erwartungen an den Gewinn pro Aktie (EPS) bei Aktien der Eurozone zunehmend in Frage gestellt werden, insbesondere im Vergleich zu den EPS-Erwartungen für US-Aktien. 

Staatsanleihen der Schwellenländer im Vergleich zu Staatsanleihen der Eurozone 

Staatsanleihen der Schwellenländer bieten zusätzliche Rendite im Vergleich zu Staatsanleihen der Eurozone. Der Wertverlust russischer Anleihen war ein Rückschlag, aber das liegt jetzt hinter uns. Auf das Ausfallrisiko der meisten Staatsanleihen von Schwellenländern hat der Krieg in der Ukraine keinen Einfluss. 

Schwellenländeraktien im Vergleich zu Globale Aktien 

Unserer Meinung nach werden Schwellenländeraktien besser als globale Aktien abschneiden, da Schwellenländeraktien im Vergleich zu globalen Aktien fast schon mit einem Rekordabschlag gehandelt werden. Da sich das Wachstum in den Schwellenländern, insbesondere in China, stabilisiert, erwarten wir, dass Schwellenländeraktien gut unterstützt werden. 

Liquidität in US-Dollar im Vergleich zu Aktien der Eurozone 

Die Unsicherheiten in naher Zukunft bleiben groß, wobei die Risiken zunehmend abwärts gerichtet erscheinen. Wir reduzierten unser Aktienengagement und stocken stattdessen unsere Liquidität in US-Dollar auf, da wir diese Anlage als sicheren Hafen betrachten, der unseren Portfolios Schutz bietet.  
 

DER WINTER KOMMT

Auf dem Schirm 


Was es zu beobachten gilt 

Die geopolitische Unsicherheit ist groß, die Rohstoffpreise sinken, bleiben jedoch hoch. Die Inflation könnte in den USA ihren Höhepunkt überschritten haben. Sie wird jedoch nicht geradlinig zurückgehen. 

Key

 Der Ausblick ist weniger gewiss als im Vormonat

↑ Der Ausblick ist gewisser als im Vormonat

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